Was ist Atomoxetin?
Atomoxetin ist ein Medikament zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Es gehört zu den sogenannten nicht-stimulierenden Arzneimitteln und unterscheidet sich damit von Medikamenten wie Methylphenidat oder Amphetaminen. Atomoxetin wird eingesetzt, wenn Stimulanzien nicht vertragen werden, nicht ausreichend wirken oder wenn ein erhöhtes Risiko für Abhängigkeit besteht. Es ist in Deutschland unter dem Handelsnamen Strattera® und als verschiedene Generika erhältlich und zählt zu den etablierten Behandlungsoptionen bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit ADHS.
Wie wirkt Atomoxetin im Gehirn?
Atomoxetin beeinflusst die Signalübertragung im Gehirn, insbesondere die Aktivität des Botenstoffs Noradrenalin. Es hemmt gezielt den Transportmechanismus, der Noradrenalin in die Nervenzellen zurückführt. Dadurch bleibt dieser Botenstoff länger aktiv und kann seine Wirkung im Gehirn besser entfalten. Die Folge ist eine verbesserte Aufmerksamkeit, eine gesteigerte Fähigkeit zur Konzentration und eine Verringerung von Impulsivität und innerer Unruhe. Im Gegensatz zu Stimulanzien erhöht Atomoxetin den Dopaminspiegel in den Bereichen des Gehirns, die mit Belohnung und Suchtverhalten verbunden sind, kaum. Dadurch ist das Risiko für Missbrauch oder Abhängigkeit sehr gering.
Wann wird Atomoxetin eingesetzt?
Atomoxetin wird zur Behandlung von ADHS eingesetzt, wenn die Symptome seit der Kindheit bestehen und im Erwachsenenalter zu spürbaren Einschränkungen führen. Es ist besonders geeignet für Menschen, die Stimulanzien nicht vertragen oder bei denen diese aus medizinischen Gründen nicht angewendet werden dürfen. Das Medikament wird meist in ein umfassendes Behandlungskonzept eingebunden, das auch psychotherapeutische und verhaltenstherapeutische Maßnahmen beinhaltet. Ziel ist es, die Symptome langfristig zu stabilisieren und die Lebensqualität zu verbessern.
Wie wird das Medikament eingenommen?
Die Behandlung beginnt in der Regel mit einer Dosis von 40 Milligramm täglich. Nach einigen Tagen kann die Dosis auf 80 Milligramm gesteigert werden. Bei Bedarf kann die Dosis bis maximal 100 Milligramm pro Tag erhöht werden. Atomoxetin wird einmal täglich eingenommen, vorzugsweise morgens. Wenn es besser vertragen wird, kann die Dosis auf zwei Einnahmen, morgens und abends, verteilt werden. Die Kapseln werden unzerkaut mit Flüssigkeit geschluckt und dürfen nicht geöffnet oder zerkleinert werden, da ihr Inhalt reizend wirkt. Die Wirkung setzt nicht sofort ein, sondern baut sich allmählich über zwei bis vier Wochen auf. Eine regelmäßige Einnahme ist wichtig, um den Wirkspiegel konstant zu halten
Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Wie alle Medikamente kann auch Atomoxetin Nebenwirkungen verursachen. Häufig berichten Patientinnen und Patienten über leichte Schlafstörungen, Appetitminderung, Mundtrockenheit, Übelkeit oder Kopfschmerzen. Manche bemerken Schwindel, Magenbeschwerden oder erhöhte Herzfrequenz. In seltenen Fällen kann es zu Stimmungsschwankungen, Leberfunktionsstörungen oder Kreislaufproblemen kommen. Warnzeichen wie Brustschmerzen, Gelbfärbung der Haut, dunkler Urin oder Suizidgedanken erfordern sofortige ärztliche Abklärung in unserer neurologischen Praxis in Willich. Die meisten Nebenwirkungen sind mild und bessern sich nach einer Anpassung der Dosis oder innerhalb weniger Wochen.
Wer sollte Atomoxetin nicht einnehmen?
Atomoxetin ist nicht für Personen geeignet, die unter schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, starkem Bluthochdruck, Lebererkrankungen oder bestimmten Augenerkrankungen wie Engwinkelglaukom leiden. Auch Menschen, die aktuell MAO-Hemmer einnehmen oder in den letzten zwei Wochen eingenommen haben, dürfen Atomoxetin nicht verwenden. Vor Beginn der Behandlung wird daher eine genaue medizinische Untersuchung durchgeführt, um mögliche Risiken auszuschließen.
Welche Untersuchungen sind vor und während der Therapie notwendig?
Vor der ersten Einnahme werden Blutdruck, Puls und Gewicht kontrolliert, und bei Bedarf wird ein EKG durchgeführt. Wenn Hinweise auf eine Lebererkrankung bestehen, werden zusätzlich Leberwerte bestimmt. Während der Behandlung erfolgen regelmäßige Kontrolluntersuchungen. Dabei werden Blutdruck, Herzfrequenz, Gewicht und Stimmung überprüft. Besonders zu Beginn der Therapie achtet die Ärztin oder der Arzt auf mögliche Veränderungen des Antriebs oder auf depressive Verstimmungen.
Welche Wechselwirkungen sind möglich?
Atomoxetin darf nicht gleichzeitig mit MAO-Hemmern eingenommen werden, da es zu gefährlichen Blutdruckanstiegen kommen kann. Bestimmte Antidepressiva, insbesondere Paroxetin und Fluoxetin, können den Abbau von Atomoxetin im Körper verlangsamen, was zu einer stärkeren Wirkung und zu mehr Nebenwirkungen führen kann. Andere Medikamente, die den Leberstoffwechsel beeinflussen, wie Rifampicin, können die Wirkung abschwächen. Deshalb sollte wir in der neurologischen Praxis immer über alle eingenommenen Medikamente informiert werden, einschließlich pflanzlicher Präparate.
Wie schnell und wie lange wirkt Atomoxetin?
Die Wirkung von Atomoxetin setzt schrittweise ein. Eine erste Verbesserung zeigt sich meist nach zwei bis vier Wochen, die volle Wirkung nach etwa sechs bis acht Wochen. Das Medikament wirkt kontinuierlich über 24 Stunden, wodurch eine gleichmäßige Symptomkontrolle auch am Abend möglich ist. Die Behandlung wird in der Regel über Monate oder Jahre fortgeführt, solange die Symptome bestehen. Die Therapie wird regelmäßig überprüft, um festzustellen, ob eine Fortsetzung sinnvoll ist.
Was ist bei der Verordnung zu beachten?
Atomoxetin unterliegt nicht dem Betäubungsmittelgesetz und kann daher auf einem normalen Rezept verschrieben werden. Die Diagnose und die Verordnung sollten jedoch durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie erfolgen. Voraussetzung für die Behandlung ist eine gesicherte ADHS-Diagnose, die seit der Kindheit besteht, sowie die Einbindung in ein multimodales Therapiekonzept.
Welche Alternativen gibt es?
Neben Atomoxetin stehen verschiedene Stimulanzien wie Methylphenidat, Lisdexamfetamin und Dexamfetamin zur Verfügung. Als weiteres nicht-stimulierendes Medikament kann Guanfacin eingesetzt werden. Die Wahl hängt von der individuellen Situation, Begleiterkrankungen, Nebenwirkungen und den persönlichen Bedürfnissen ab.
Wie wirksam ist Atomoxetin?
Atomoxetin ist ein bewährtes Medikament, das bei vielen erwachsenen Patientinnen und Patienten mit ADHS eine deutliche Besserung der Konzentrationsfähigkeit und Impulskontrolle bewirkt. Es ist besonders hilfreich für Menschen, die Stimulanzien nicht gut vertragen oder eine gleichmäßige, über den ganzen Tag anhaltende Wirkung wünschen. Die Wirkung tritt langsamer ein als bei Stimulanzien, ist aber in ihrer Dauer stabil und berechenba
Welche Risiken bestehen?
Atomoxetin gilt insgesamt als gut verträglich. Das Risiko einer Abhängigkeit ist praktisch nicht vorhanden. In seltenen Fällen können Leberfunktionsstörungen, Kreislaufprobleme oder depressive Verstimmungen auftreten. Deshalb ist es wichtig, dass die Behandlung regelmäßig ärztlich überwacht wird. Plötzliche Dosisänderungen oder das eigenständige Absetzen sollten vermieden werden.
Fazit
Atomoxetin ist eine wirksame und sichere Behandlungsmöglichkeit bei ADHS im Erwachsenenalter, insbesondere für Patientinnen und Patienten, bei denen Stimulanzien nicht infrage kommen. Es wirkt über den Botenstoff Noradrenalin, verbessert die Aufmerksamkeit und reduziert impulsives Verhalten. Die Behandlung erfordert Geduld, da die Wirkung verzögert einsetzt, bietet dafür aber eine kontinuierliche und stabile Symptomkontrolle. Durch die regelmäßige ärztliche Begleitung lässt sich die Therapie sicher und individuell anpassen.