Wie häufig kommt die Erkrankung vor?
Die Paroxysmale Hemikranie ist sehr selten. Schätzungen zufolge betrifft sie weniger als eine von 50.000 Personen. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Beschwerden beginnen meist im jungen Erwachsenenalter, können aber auch bei Kindern auftreten.
Wie fühlen sich die Schmerzen an?
Typisch sind plötzlich einsetzende, sehr starke Kopfschmerzattacken, die immer auf einer Seite des Kopfes auftreten. Die Schmerzen sitzen meist hinter dem Auge, an der Schläfe oder oberhalb der Augenbraue. Viele Betroffene beschreiben sie als stechend, bohrend oder brennend. Eine Attacke dauert meist nur wenige Minuten, oft zwischen zwei und dreißig Minuten, und kann mehrmals am Tag auftreten – manchmal sogar bis zu vierzigmal täglich.
Während der Attacken kommt es häufig zu zusätzlichen Beschwerden auf derselben Seite des Gesichts. Dazu gehören ein gerötetes und tränendes Auge, eine laufende oder verstopfte Nase, ein leicht hängendes Augenlid oder vermehrtes Schwitzen im Gesicht. Im Gegensatz zu Patientinnen und Patienten mit Clusterkopfschmerz bleiben Betroffene mit Paroxysmaler Hemikranie während der Attacken meist ruhig und suchen Ruhe auf.
Warum entstehen diese Kopfschmerzen?
Die genaue Ursache ist noch nicht vollständig geklärt. Man weiß jedoch, dass der sogenannte trigeminovaskuläre Reflex eine wichtige Rolle spielt. Dabei wird der Nervus trigeminus aktiviert, der Schmerzsignale vom Gesicht zum Gehirn leitet. Gleichzeitig kommt es zur Freisetzung bestimmter Botenstoffe, wie CGRP, die Blutgefäße erweitern und Entzündungen fördern können. Auch eine Störung im Hypothalamus, einem Bereich des Gehirns, der viele Körperfunktionen steuert, scheint beteiligt zu sein. Warum die Schmerzen auf Indometacin so gut ansprechen, ist nicht ganz verstanden – man geht aber davon aus, dass das Medikament entzündliche Botenstoffe hemmt.
Gibt es Risikofaktoren oder Auslöser?
Spezifische Risikofaktoren sind nicht bekannt. Manche Betroffene berichten, dass Alkohol, Schlafmangel, körperlicher oder psychischer Stress oder bestimmte Kopfbewegungen Attacken auslösen können. Es kann hilfreich sein, mögliche Auslöser zu beobachten und in einem Kopfschmerztagebuch zu notieren.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Diagnose stützt sich vor allem auf die genaue Schilderung der Beschwerden. Wenn die typischen kurzen, einseitigen Attacken mit den beschriebenen Begleitsymptomen vorliegen, besteht ein starker Verdacht. Zur Bestätigung wird ein sogenannter Indometacin-Test durchgeführt. Dabei erhalten die Patientinnen und Patienten für ein bis zwei Tage das Medikament Indometacin in Tablettenform. Wenn die Kopfschmerzen darunter vollständig verschwinden, gilt die Diagnose als gesichert.
Um andere Ursachen auszuschließen, wird meist zusätzlich eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes empfohlen. So können andere Erkrankungen, etwa Entzündungen oder Gefäßveränderungen, ausgeschlossen werden.
Wie wird die Paroxysmale Hemikranie behandelt?
Das wichtigste und wirksamste Medikament ist Indometacin. Es handelt sich um ein starkes entzündungshemmendes Schmerzmittel, das gezielt gegen diese Kopfschmerzform hilft. Die Behandlung beginnt meist mit einer niedrigen Dosis, die bei Bedarf schrittweise gesteigert wird, bis die Schmerzen vollständig verschwinden. Bei fast allen Betroffenen führt das Medikament innerhalb von ein bis zwei Tagen zu einer deutlichen oder vollständigen Besserung.
Da Indometacin den Magen reizen kann, wird es immer zusammen mit einem Magenschutzmittel, meist einem Protonenpumpenhemmer, eingenommen. So werden Nebenwirkungen weitgehend vermieden.
Wenn die Paroxysmale Hemikranie chronisch verläuft, kann es notwendig sein, das Medikament über längere Zeit einzunehmen. In solchen Fällen wird die Dosis nach Erreichen der Schmerzfreiheit auf das individuell niedrigste wirksame Maß reduziert.
Was passiert, wenn Indometacin nicht vertragen wird?
Manche Patientinnen und Patienten vertragen Indometacin nicht, etwa wegen Magenproblemen. In solchen Fällen können alternative Medikamente versucht werden, zum Beispiel sogenannte COX-2-Hemmer wie Celecoxib, die den Magen weniger stark belasten. Auch Topiramat oder Verapamil können in einzelnen Fällen helfen, obwohl ihre Wirksamkeit nicht so gut belegt ist.
Bei schweren oder therapieresistenten Formen werden manchmal moderne Wirkstoffe wie monoklonale Antikörper gegen CGRP (zum Beispiel Erenumab oder Galcanezumab) ausprobiert. Diese Anwendungen sind bislang nicht offiziell zugelassen (off-Label-Use), haben sich aber in ersten Studien als vielversprechend erwiesen.
Gibt es unterstützende Maßnahmen?
Neben der medikamentösen Behandlung sind begleitende Maßnahmen sinnvoll. Dazu gehören ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, ausreichend Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und der bewusste Umgang mit Stress. Alkohol sollte vermieden werden, da er häufig als Auslöser wirkt.
Das Führen eines Kopfschmerztagebuchs kann helfen, Zusammenhänge zwischen Lebensgewohnheiten und Attacken zu erkennen. So können Betroffene gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt gezielt auf mögliche Auslöser eingehen.
Wie ist die Prognose?
Die Prognose der Paroxysmalen Hemikranie ist sehr gut. Bei rechtzeitiger Diagnose und korrekter Behandlung können die Schmerzen vollständig verschwinden. In der Regel ist unter Indometacin eine dauerhafte Beschwerdefreiheit möglich. Nur selten kommt es zu Rückfällen oder zu einer chronischen Verlaufsform, die dann einer Langzeittherapie bedarf.
Was sollten Betroffene wissen?
Die Paroxysmale Hemikranie ist zwar selten, aber sehr gut behandelbar. Wichtig ist, dass die richtige Diagnose gestellt wird – denn viele Patientinnen und Patienten mit jahrelangen, einseitigen Kopfschmerzen werden zunächst fälschlich auf Migräne oder Clusterkopfschmerz behandelt. Ein einfacher Medikamententest mit Indometacin kann hier Klarheit bringen.
Wer unter den beschriebenen Symptomen leidet, sollte sich an eine neurologische Fachärztin oder einen Facharzt wenden, der Erfahrung mit Kopfschmerzerkrankungen hat. Mit der richtigen Behandlung können die meisten Betroffenen wieder vollständig schmerzfrei leben und ihre Lebensqualität zurückgewinnen.