Vom gelegentlichen Ziehen bis zum lähmenden Schmerz: Kopfschmerzen verstehen, einordnen und gezielt behandeln.
Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten neurologischen Beschwerden überhaupt. Sie können plötzlich auftreten oder chronisch werden, diffus oder stechend sein, an einer Stelle sitzen oder den ganzen Kopf erfassen. Für viele Patient:innen sind sie nicht nur körperlich belastend, sondern auch emotional und sozial einschränkend. In der neurologischen Praxis steht deshalb nicht nur die Schmerzlinderung im Vordergrund, sondern auch das Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen.
1. Typische Symptome: Je nach Kopfschmerztyp unterscheiden sich Intensität, Lokalisation, Begleitsymptome und Verlauf deutlich. Migräne äußert sich häufig einseitig, pulsierend und mit Übelkeit, Licht- oder Geräuschempfindlichkeit. Bei der Migräne mit Aura treten vor den Schmerzen vorübergehende neurologische Symptome auf, z. B. Flimmersehen, Gesichtsfeldausfälle, Kribbeln oder Sprachstörungen. Spannungskopfschmerzen sind meist beidseitig dumpf-drückend und stehen in engem Zusammenhang mit Muskelverspannung und Stress.
Clusterkopfschmerzen sind extrem schmerzhaft und treten typischerweise attackenartig und einseitig hinter dem Auge auf – oft verbunden mit Tränenfluss, Naselaufen oder Unruhe. Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen (MOH – Medication Overuse Headache) entstehen durch die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln oder Triptanen und sind ein häufig übersehener Grund für chronischen Dauerschmerz. Auch posttraumatische Kopfschmerzen, z. B. nach einem Schädel-Hirn-Trauma, können monate- oder jahrelang anhalten.
2. Kopfschmerzen im Alltag: Wiederkehrende oder chronische Kopfschmerzen beeinträchtigen oft das Berufs- und Privatleben. Termine werden abgesagt, Leistungsfähigkeit sinkt, soziale Rückzüge nehmen zu. Betroffene erleben häufig das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden – gerade bei äußerlich „unsichtbaren“ Symptomen. Hinzu kommt die Angst vor schwerwiegenden Ursachen wie Tumoren oder Gefäßerkrankungen, die eine gezielte Abklärung erfordert.
3. Mögliche Ursachen: Die meisten Kopfschmerzen gehören zur Gruppe der sogenannten primären Kopfschmerzerkrankungen (z. B. Migräne, Spannungskopfschmerz, Cluster-Kopfschmerz). Daneben gibt es sekundäre Kopfschmerzen, etwa durch Bluthochdruck, Medikamentenübergebrauch, Schädel-Hirn-Trauma, Infektionen oder entzündliche Erkrankungen wie Arteriitis temporalis. Auch neurologische Notfälle wie Hirnblutungen, Hirntumoren oder Gefäßdissektionen können sich mit Kopfschmerzen äußern – eine sorgfältige Unterscheidung ist essenziell.
4. Unsere Herangehensweise: In unserer Praxis nehmen wir Kopfschmerzen ernst – unabhängig davon, ob sie neu aufgetreten oder chronisch geworden sind. Wir führen eine ausführliche Anamnese und neurologische Untersuchung durch, ergänzt durch bildgebende Verfahren (z. B. MRT), Ultraschalluntersuchungen der Hirngefäße und bei Bedarf eine Liquordiagnostik. Entscheidend ist die Einordnung des Kopfschmerzes in ein Gesamtkonzept: Lebensstil, Triggerfaktoren, Stressbelastung und Begleiterkrankungen fließen in die Beurteilung ein.
Gleiches gilt bei morgendlichen Kopfschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen, da diese auf einen erhöhten Hirndruck hinweisen können.
Darüber hinaus sollten Sie ärztlichen Rat suchen, wenn sich bekannte Migräne- oder Spannungskopfschmerzen im Charakter deutlich verändern oder häufiger auftreten als bisher. Je früher eine fundierte Diagnose gestellt wird, desto gezielter kann die passende Therapie eingeleitet werden – und schwerwiegende Ursachen rechtzeitig erkannt werden.
FACHGESELLSCHAFTEN UND LEITLINIEN
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG)
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)
WICHTIGE FORMULARE:
Kopfschmerzfragebogen
DMKG Kopfschmerzkalender
SELBSTHILFE ORGANISATIONEN:
Deutsche Schmerzliga e. V.
SchmerzLOS e. V.