Was ist die neuralgische Schulteramyotrophie? Die neuralgische Schulteramyotrophie, auch Parsonage-Turner-Syndrom genannt, ist eine seltene Erkrankung der Nerven, die die Schulter und den Arm versorgen. Sie beginnt meist plötzlich mit sehr starken Schmerzen in der Schulter oder im Oberarm. Nach einigen Tagen oder Wochen lässt der Schmerz nach, und es kommt zu einer Schwäche oder Lähmung einzelner Muskeln, manchmal begleitet von Muskelschwund. Die Erkrankung betrifft den sogenannten Plexus brachialis – ein Nervengeflecht, das für die Bewegung und das Gefühl im Arm verantwortlich ist. Die Ursache ist in den meisten Fällen eine Entzündung der Nerven, die vermutlich durch eine Reaktion des eigenen Immunsystems ausgelöst wird. Manchmal tritt die Erkrankung nach einer Infektion, Impfung, Operation oder starker körperlicher Belastung auf, häufig jedoch ohne erkennbare Auslöser.
Wie häufig ist die Erkrankung? Die neuralgische Schulteramyotrophie ist selten, wird aber heute häufiger erkannt. Schätzungen gehen von ein bis drei neuen Fällen pro 100.000 Menschen pro Jahr aus. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen, meist im Alter zwischen 20 und 60 Jahren. Auch Kinder und ältere Menschen können erkranken, das ist aber ungewöhnlich.
Wie äußert sich die Erkrankung? Typisch ist der plötzliche Beginn mit sehr starken, stechenden oder brennenden Schmerzen in Schulter und Oberarm – oft ohne vorherige Verletzung. Die Schmerzen sind besonders nachts stark und können über Tage bis Wochen anhalten. Wenn die Schmerzen langsam nachlassen, fällt auf, dass der Arm an Kraft verliert oder bestimmte Bewegungen nicht mehr möglich sind. Manche Muskeln werden sichtbar dünner. In den folgenden Wochen oder Monaten kann sich die Kraft allmählich erholen. Manche Betroffene berichten über anhaltende Schwäche oder eine eingeschränkte Belastbarkeit des Arms. Bei einigen Patienten bleiben auch Restschmerzen oder Muskelverspannungen bestehen.
Wie wird die Diagnose gestellt? Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Hinweisend ist der typische Verlauf: plötzliche Schulterschmerzen, gefolgt von Schwäche. Um andere Ursachen auszuschließen, werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehören eine körperliche Untersuchung, eine Elektromyographie (EMG) zur Messung der Nervenaktivität, und eine Magnetresonanztomographie (MRT), um Entzündungen oder Muskelveränderungen sichtbar zu machen. Wenn Sie sich zu Beginn der Erkrankung mit plötzlich auftretenden, starken Schmerzen in Schulter oder Oberarm in unserer neurologischen Praxis in Willich vorstellen, ist die Diagnose einer neuralgischen Schulteramyotrophie (Parsonage-Turner-Syndrom) zunächst nicht einfach. In dieser frühen Phase stehen die heftigen Schmerzen im Vordergrund, während die typischen Lähmungen und Muskelschwächen oft erst nach einigen Tagen oder Wochen auftreten. Dennoch können wir durch eine gezielte klinische Untersuchung und den typischen Krankheitsverlauf schon früh den richtigen Verdacht äußern und die Weichen für eine schnelle Behandlung stellen. Bei wiederholtem Auftreten in der Familie kann eine genetische Untersuchung sinnvoll sein, da eine vererbbare Form der Erkrankung existiert.
Wie verläuft die Erkrankung? Der Krankheitsverlauf ist unterschiedlich. Meist dauert die Schmerzphase einige Wochen, während sich die Schwäche über Monate langsam bessert. In den meisten Fällen kommt es innerhalb von ein bis zwei Jahren zu einer deutlichen Erholung. Manche Betroffene behalten jedoch dauerhafte Kraftminderungen oder muskuläre Einschränkungen zurück. Rückfälle sind möglich, besonders bei der erblichen Form.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Die Therapie richtet sich nach den Krankheitsphasen. In der akuten Phase steht die Schmerzbehandlung im Vordergrund. Es werden entzündungshemmende Medikamente (z. B. Ibuprofen, Diclofenac) oder bei Bedarf Glukokortikoide wie Prednisolon eingesetzt, die die Entzündung dämpfen und den Verlauf oft verkürzen können. Bei sehr starken, brennenden Schmerzen helfen manchmal spezielle Schmerzmittel, die auch bei Nervenschmerzen angewendet werden (z. B. Gabapentin oder Pregabalin).
Wenn die Schmerzen abklingen, beginnt die physiotherapeutische Behandlung. Sie ist entscheidend, um die Beweglichkeit zu erhalten und Muskeln wieder aufzubauen. Ergotherapie kann helfen, alltägliche Tätigkeiten besser zu bewältigen. Bei schweren Verläufen oder wiederkehrenden Erkrankungen kommen manchmal Immunglobuline oder hochdosierte Kortison-Stoßtherapien zum Einsatz.
Wie ist die Prognose? Die meisten Betroffenen erholen sich im Laufe der Zeit deutlich. Nach etwa sechs Monaten bis zwei Jahren haben viele Patientinnen und Patienten ihre Muskelkraft weitgehend zurückgewonnen. In manchen Fällen bleibt eine leichte Schwäche oder verminderte Belastbarkeit zurück. Wiederholte Erkrankungsschübe sind möglich, kommen aber selten vor. Eine frühe Diagnose, eine gezielte Schmerzbehandlung und konsequente Physiotherapie verbessern die Heilungsaussichten erheblich.
Kann man vorbeugen? Da die genauen Ursachen nicht bekannt sind, gibt es keine gezielte Vorbeugung. Bei bekannter erblicher Form kann es sinnvoll sein, körperliche Überlastung, extreme Kälte, unnötige Operationen und intensive Impfserien zeitlich zu verteilen. Eine gesunde Lebensweise, ausgewogene Ernährung und Stressreduktion unterstützen das Immunsystem und können den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen.
Naturheilkundliche und ergänzende Möglichkeiten: Naturheilkundliche Maßnahmen können die Genesung unterstützen, ersetzen aber keine medizinische Behandlung. Entzündungshemmende Ernährung mit Omega-3-Fettsäuren (z. B. aus Fisch oder Leinsamen), frischem Gemüse und Obst kann hilfreich sein. Pflanzenstoffe wie Kurkuma oder Johanniskraut werden ergänzend zur Schmerzreduktion eingesetzt. Wärme- oder Wechselbäder fördern die Durchblutung, und Akupunktur oder manuelle Therapie können Schmerzen lindern.
Nachsorge und Alltag: Während der Genesungsphase sind Geduld und regelmäßige Bewegung wichtig. Überanstrengung sollte vermieden, aber das Gelenk aktiv mobilisiert werden. Hilfsmittel, Bandagen oder Orthesen können im Alltag unterstützen. Regelmäßige Kontrolltermine in unsere neurologischen Praxis in Willich helfen, den Verlauf zu überwachen und die Therapie anzupassen.