NEUROLOGIE MIT HERZ
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Was ist eine Trigeminusneuralgie? Die Trigeminusneuralgie ist eine Erkrankung des fünften Hirnnerven, des sogenannten Nervus trigeminus, der das Gesicht mit Gefühl versorgt. Typisch sind plötzlich einschießende, stechende oder elektrische Schmerzen, die meist nur eine Gesichtshälfte betreffen. Diese Schmerzattacken dauern nur Sekunden, können aber sehr heftig sein und sich über den Tag hinweg wiederholen. Zwischen den Anfällen besteht oft völlige Schmerzfreiheit.

Wer kann betroffen sein?

Die Erkrankung tritt häufiger bei Menschen über 50 Jahren auf und betrifft Frauen etwas öfter als Männer. Jüngere Patienten können ebenfalls erkranken, besonders wenn eine andere neurologische Erkrankung wie Multiple Sklerose vorliegt.

Wie entstehen die Schmerzen? 

Bei den meisten Patienten wird der Nerv durch ein kleines Blutgefäß gedrückt, das im Bereich des Hirnstamms verläuft. Dieser dauerhafte Druck schädigt die schützende Hülle der Nervenfaser, sodass elektrische Signale überempfindlich werden und Schmerzattacken ausgelöst werden. In anderen Fällen sind Entzündungen, Tumoren oder Nervenerkrankungen die Ursache. Wenn keine Ursache gefunden wird, spricht man von einer idiopathischen Trigeminusneuralgie.

Wie äußert sich eine Trigeminusneuralgie?

Der Schmerz wird als blitzartig, stechend oder brennend beschrieben. Er tritt meist im Wangen- oder Kieferbereich auf, manchmal auch im Auge oder an der Stirn. Schon leichte Reize wie Berührung, Zähneputzen, Sprechen, Essen oder Wind können eine Attacke auslösen. Viele Betroffene entwickeln Angst vor diesen Auslösern und vermeiden bestimmte Tätigkeiten, was zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität führen kann.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Ärztin oder der Arzt erkennt die Trigeminusneuralgie meist anhand der typischen Schmerzbeschreibung. Eine gründliche neurologische Untersuchung und eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes sind wichtig, um andere Ursachen wie Tumoren, Gefäßmissbildungen oder Entzündungen auszuschließen. In manchen Fällen wird eine spezielle Gefäßdarstellung (MRT-Angiographie) durchgeführt, um den Kontakt zwischen Gefäß und Nerv zu erkennen.

Was versteht man unter „klassischer“ und „sekundärer“ Form?

Bei der klassischen Trigeminusneuralgie liegt eine Gefäßschlinge vor, die den Nerv berührt. Die sekundäre Form entsteht durch andere Erkrankungen, etwa eine Multiple Sklerose oder einen Tumor. Wenn trotz moderner Bildgebung keine Ursache gefunden wird, spricht man von einer idiopathischen Form.

Wie wird die Trigeminusneuralgie behandelt?

Zunächst erfolgt die Behandlung mit Medikamenten, die die Erregbarkeit des Nervs senken. Am besten wirken spezielle Nervenschutzmittel, sogenannte Antikonvulsiva. Das Standardmedikament ist Carbamazepin. Alternativ kann Oxcarbazepin eingesetzt werden, das häufig besser vertragen wird. Wenn diese Mittel nicht ausreichend helfen, werden andere Präparate wie Gabapentin, Pregabalin oder Baclofen ausprobiert. Wichtig ist, dass die Medikamente regelmäßig eingenommen und die Dosis unter ärztlicher Kontrolle langsam angepasst wird. Leberwerte und Natriumspiegel im Blut sollten regelmäßig überprüft werden. Bei guter Wirksamkeit lässt sich die Trigeminusneuralgie so meist gut kontrollieren.



Was passiert, wenn Medikamente nicht helfen?
Wenn die Schmerzen trotz medikamentöser Therapie bestehen bleiben oder die Nebenwirkungen zu stark sind, stehen verschiedene Eingriffe zur Verfügung. Bei der mikrovaskulären Dekompression wird das Gefäß, das den Nerv einengt, operativ vorsichtig verlagert. Diese Methode erzielt bei den meisten Patienten eine langfristige Schmerzfreiheit.
Für Patienten, die keine Operation wünschen oder nicht operiert werden können, gibt es minimalinvasive Verfahren. Dazu zählen die gezielte Verödung einzelner Nervenfasern mit Hitze oder Glycerin sowie die Gamma-Knife-Radiochirurgie, bei der der Nerv punktgenau bestrahlt wird. Diese Eingriffe werden in spezialisierten Zentren durchgeführt.

Gibt es ergänzende Behandlungsmöglichkeiten?

Begleitend zur medizinischen Therapie können Physiotherapie und Entspannungsverfahren helfen, muskuläre Verspannungen und Stress zu reduzieren. Psychologische Schmerzbewältigungsstrategien unterstützen den Umgang mit der Angst vor Schmerzattacken. Bei chronischen Schmerzen kann auch eine kognitive Verhaltenstherapie hilfreich sein. Einige Patienten profitieren von unterstützenden Methoden wie Akupunktur, wobei die wissenschaftliche Evidenz begrenzt ist. Homöopathische Mittel haben keinen nachgewiesenen Nutzen.


Was kann ich selbst tun?

Wichtig ist, bekannte Auslöser zu vermeiden, etwa starke Kälte, Luftzug oder Druck auf bestimmte Gesichtspartien. Eine regelmäßige Medikamenteneinnahme und ärztliche Kontrolle helfen, Rückfälle zu verhindern. Entspannungstechniken wie Atemübungen oder Yoga können das Nervensystem beruhigen. Bei psychischer Belastung oder Angst vor Attacken sollte frühzeitig psychologische Unterstützung in Anspruch genommen werden.

Gibt es neue oder experimentelle Therapien?

In Studien werden derzeit moderne Behandlungsansätze untersucht. Dazu gehören Injektionen mit Botulinumtoxin A in die betroffene Gesichtshälfte, die in einigen Fällen Schmerzen deutlich reduzieren können. Auch Medikamente aus der Gruppe der CGRP-Antagonisten werden erforscht. In spezialisierten Zentren kommen bei sehr schweren Verläufen in Einzelfällen Ketamin-Infusionen zum Einsatz.

Wie ist die Prognose?

Die meisten Patienten sprechen gut auf die Behandlung an. Bei konsequenter Therapie lassen sich die Schmerzen in der Regel deutlich lindern oder vollständig ausschalten. Rückfälle können auftreten, lassen sich jedoch meist wieder gut kontrollieren. Eine individuell abgestimmte Behandlung und regelmäßige Betreuung sind der Schlüssel zu einer guten Lebensqualität.




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