NEUROLOGIE MIT HERZ
Modern. Ganzheitlich. Einfühlsam.

Wenn das Gleichgewicht aktiv in die falsche Richtung gedrückt wird.

Das Pusher-Syndrom ist eine neurologische Störung der Körperwahrnehmung, die typischerweise nach einem Schlaganfall auftritt – vor allem bei rechtsseitiger Hirnschädigung. Betroffene empfinden eine seitliche Körperneigung (meist nach links) als aufrecht und drücken sich aktiv mit der nicht gelähmten Seite in die falsche Richtung, was das Gleichgewicht massiv beeinträchtigt.

1. Typische Symptome: Die Betroffenen neigen den Körper zur gelähmten Seite und stoßen sich mit der gesunden Seite aktiv ab. Versuche von außen, sie aufzurichten, werden aktiv abgewehrt. Es entsteht ein hohes Sturzrisiko. Das Pusher-Verhalten tritt meist zusammen mit halbseitiger Lähmung, Neglect oder Raumorientierungsstörungen auf.

2. Alltagserleben: Menschen mit Pusher-Syndrom können nicht mehr sicher sitzen oder stehen. Sie kippen aus dem Rollstuhl oder Bett, stoßen sich gegen Hilfestellung und sind in alltäglichen Bewegungen stark eingeschränkt. Angehörige und Pflegekräfte erleben häufig eine große Hilflosigkeit, da die Betroffenen jede Korrektur ablehnen oder nicht nachvollziehen können.

3. Mögliche Ursachen: Die Ursache liegt in einer Störung des subjektiven Körperlängsschemas, meist infolge eines Schlaganfalls in der rechten posterioren Insula, im Thalamus oder der parietalen Hirnrinde. Weitere Auslöser sind seltene traumatische Hirnschäden oder Tumoren in diesen Regionen.

4. Unsere Herangehensweise: Die Diagnostik erfolgt durch gezielte neurologische Untersuchung und Beobachtung des Verhaltens in aufrechter Position. Wichtig ist die Abgrenzung zu Gleichgewichtsstörungen anderer Ursache. In enger Zusammenarbeit mit Physiotherapie und Ergotherapie entwickeln wir individuelle Trainingspläne. Ziel ist es, die Körperwahrnehmung schrittweise neu zu kalibrieren – durch gezielte Lagerung, visuelles Feedback und alltagsnahe Bewegungsübungen.

5. Wann sollte man zum Neurologen gehen: Wenn nach einem Schlaganfall das Aufrichten oder Stehen ungewöhnlich schwerfällt oder aktiv „in die falsche Richtung gedrückt“ wird, ist eine neurologische Untersuchung notwendig. Je früher das Syndrom erkannt wird, desto besser sind die Rehabilitationschancen.

6. Abgrenzung zu psychiatrischen Erkrankungen: Das Pusher-Syndrom kann auf Laien wie ein „Widerstand gegen Hilfe“ wirken. Im Unterschied zu psychischen Störungen liegt jedoch eine strukturelle Störung der Körperwahrnehmung vor, die einer gezielten neurorehabilitativen Therapie zugänglich ist.