NEUROLOGIE MIT HERZ
Modern. Ganzheitlich. Einfühlsam.
Wenn Erinnerungen verschwinden wie Spuren im Sand.

Amnesie bezeichnet eine ausgeprägte Gedächtnisstörung, bei der bestimmte Erinnerungen nicht mehr abrufbar sind oder keine neuen Inhalte gespeichert werden können. Je nach Form betrifft die Störung vor allem die Erinnerung an zurückliegende Ereignisse (retrograd), die Fähigkeit zur Speicherung neuer Informationen (anterograd) oder beides zugleich. Amnesien entstehen meist durch Schädigungen in den Hirnarealen, die für das Gedächtnis entscheidend sind – etwa im medialen Temporallappen, Hippocampus oder Diencephalon.

1. Typische Symptome: Menschen mit Amnesie können sich oft an bestimmte Zeitabschnitte ihres Lebens nicht erinnern – etwa den Unfall, eine Erkrankung oder Phasen rund um eine Operation. Bei anterograder Amnesie fällt es schwer, neue Informationen dauerhaft zu speichern: Namen, Gespräche oder aktuelle Ereignisse verschwinden nach wenigen Minuten aus dem Bewusstsein. Viele Betroffene wirken orientierungslos, fragen immer wieder dasselbe oder wissen nicht, warum sie sich an einem bestimmten Ort befinden.

2. Alltagserleben: Im Alltag können Amnesien tiefgreifende Auswirkungen haben: Betroffene vergessen, dass sie bestimmte Tätigkeiten ausgeführt oder Gespräche geführt haben. Dies kann zu sozialer Verunsicherung, Rückzug oder auch Misstrauen im familiären Umfeld führen. In schweren Fällen verlieren Patient:innen über längere Zeiträume hinweg jegliches autobiografische Gedächtnis. Häufig berichten Angehörige von Wiederholungen, fehlender Lernfähigkeit oder bizarren Erinnerungslücken.

3. Mögliche Ursachen: Häufig entstehen Amnesien durch Schädel-Hirn-Traumata – z. B. nach Verkehrsunfällen mit Bewusstlosigkeit. Auch Schlaganfälle im Bereich des Thalamus oder der Hippocampusregion können ursächlich sein. Weitere Auslöser sind epileptische Anfälle (transiente amnestische Episoden), Entzündungen wie Herpesenzephalitis, neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit oder Alkoholmissbrauch (Korsakow-Syndrom). Psychogene Amnesien treten seltener auf und sind meist durch schwere seelische Traumatisierungen bedingt.


4. Unsere Herangehensweise: Wir führen eine erste Gedächtnisdiagnostik durch – mit standardisierten neuropsychologischen Tests, bildgebender Diagnostik (z. B. MRT), EEG und gegebenenfalls Labordiagnostik. Wichtig ist die Abgrenzung zu funktionellen Störungen, depressionsbedingter Vergesslichkeit oder beginnender Demenz. Im Anschluss beraten wir zu Therapieoptionen, arbeiten mit Neuropsychologie, Psychotherapie und Angehörigen zusammen und unterstützen bei Bedarf auch juristische oder versorgungsrelevante Fragestellungen (z. B. Gutachten, Wiedereingliederung).

5. Wann sollten Sie zum Neurologen gehen: Wenn plötzlich Erinnerungslücken auftreten, Gespräche oder Ereignisse sofort wieder vergessen werden oder sich an wichtige Abschnitte im Leben nicht mehr erinnert werden kann, ist eine neurologische Abklärung dringend zu empfehlen – besonders nach Kopfverletzungen, bei auffälligem Verhalten oder Verdacht auf eine Demenz.

6. Abgrenzung zu psychiatrischen Erkrankungen: Amnesie kann auch bei psychiatrischen Erkrankungen auftreten – insbesondere bei Depression („Pseudo-Demenz“), posttraumatischen Belastungsstörungen oder dissoziativen Störungen. Bei der psychogenen Amnesie sind meist bestimmte Lebensphasen oder traumatische Ereignisse betroffen, während bei organischer Amnesie häufig zeitlich zusammenhängende Gedächtnislücken oder eine anhaltende Neugedächtnisstörung im Vordergrund stehen. Eine differenzierte Diagnostik mit neuropsychologischer Testung und Bildgebung ist entscheidend, um psychogene Ursachen zuverlässig von organischen Schädigungen zu unterscheiden.