1. Typische Symptome: Menschen mit Alexie haben Schwierigkeiten, Wörter oder ganze Sätze zu erfassen. Sie lesen extrem langsam, stockend oder fehlerhaft. Oft werden Buchstaben einzeln benannt, ohne den Gesamtzusammenhang zu erfassen. Die Leseprobleme stehen im Widerspruch zu einem früher flüssigen Lesevermögen. In manchen Fällen ist das Schreiben (Agraphie) mitbetroffen.
2. Alltagserleben: Lesen gehört für viele Menschen zu den zentralen Alltagsfähigkeiten – sei es beim Erfassen von Nachrichten, Gebrauchsanweisungen, Medikamentenverpackungen oder Fahrplänen. Eine Alexie kann daher tiefgreifend verunsichern. Betroffene empfinden sich oft als „ausgeschlossen“ oder verlieren das Vertrauen in ihre Selbstständigkeit. Beruflich kann sie den Wiedereinstieg erschweren, vor allem bei Tätigkeiten mit Textbezug.
3. Mögliche Ursachen: Die häufigste Ursache ist ein Schlaganfall in der linken posterioren Hirnregion – insbesondere im Bereich des Okzipital- und Temporallappens oder im Splenium des Corpus callosum. Auch Tumoren, traumatische Hirnverletzungen oder entzündliche Prozesse wie Enzephalitiden können die betroffenen Areale schädigen. In sehr seltenen Fällen treten Alexien auch bei neurodegenerativen Erkrankungen auf.
4. Unsere Herangehensweise: Wir erfassen Lesestörungen differenziert mit neuropsychologischen Testverfahren. Entscheidend ist die Abgrenzung zu Seh- oder Sprachstörungen. Ergänzend führen wir bildgebende Diagnostik (MRT) durch, um die zugrunde liegende Hirnschädigung zu lokalisieren. In Zusammenarbeit mit Logopädie und Neuropsychologie entwickeln wir individuelle Trainingspläne und Kompensationsstrategien – z. B. über Sprachsynthese, Strukturierungshilfen oder adaptive Lesetechniken.
5. Wann sollte Sie zum Neurologen gehen: Wenn plötzlich das Lesen schwerfällt, Buchstaben fremd erscheinen oder Texte nicht mehr verstanden werden, sollte eine neurologische Abklärung erfolgen – besonders nach einem Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma.
6. Abgrenzung zu psychiatrischen Erkrankungen: Lesestörungen können auch im Rahmen psychischer Belastung, Erschöpfung oder funktioneller Störungen auftreten. Eine klare Diagnostik hilft, organische Ursachen zu bestätigen oder auszuschließen und eine passende Therapie einzuleiten.